Familie

Christian Döllerer im Portrait

Wenn man mit Christian Döllerer über Herkunft redet, dann sprudelt es aus dem 42-Jährigen förmlich heraus. Das Thema begeistert ihn. Weil es vielschichtig ist und weil es immer wieder neue Facetten zeigt. Grund genug, Christian und diesem Thema Raum zu geben. In aller Breite und Tiefe.

„Unsere Welt wird gefühlt täglich kleiner, jedenfalls kommt es mir so vor“, sagt Christian. Die weltweite Vernetzung verringert die Distanzen zwischen Orten, während dadurch aber auch die Einzigartigkeit und damit die Identität von Plätzen mehr und mehr schwindet. Deshalb sei es für die Menschen einer Stadt so wichtig, Orte zu beleben, sie interessant zu gestalten und für bestimmte Werte zu stehen. Salzburg ist für ihn ein gutes Beispiel dafür. Seit Jahrhunderten ist diese Stadt auf der geistigen Landkarte der Welt präsent und setzt sich weiterhin aktiv dafür ein, dass das auch so bleibt. Christian lebt mit seiner Frau und seinen drei Kindern in Salzburg. Man habe ganz bewusst ein eigenes Fleckerl gesucht, nah genug an Golling und der Arbeit im Weinhaus. Christian ist der Einzige aus der Familie, der seinen Heimatort Golling verlassen hat. Zumindest privat. Die kurze Entfernung zu Golling erlaubt Abstand und Nähe zugleich. Das sei gut für den Workfow, sagt er. Früher hatte er einmal damit geliebäugelt, in die weite Welt zu ziehen. Aber irgendwie hat es nie gepasst, hadern tut er damit dennoch nicht. „Ich wäre zwar gerne gereist, hätte gern länger an einem Ort gelebt, um andere Sprachen zu lernen. Doch dann hab ich gemerkt, dass ich eigentlich gar nicht der Typ dafür bin.“

"Herkunft ist kein Zufall."

Christian Döllerer

Herkunft, so sagt er, die ist über die Jahre wichtiger und wichtiger geworden. Auch im Wein, dem Hauptthema seines beruflichen Lebens. Christian hat sich herangetastet, sich mehr und mehr darauf eingelassen. Gemeinsam mit Bruder Raimund, Schwägerin Sabine, Onkel Hermann und dem Team des Weinhauses entwickelt er diese Leidenschaft täglich weiter. „Wein geht immer“, sagt er. „Er verbindet Menschen und bleibt stets spannend.“ Sich mit Weinen und den dahinter stehenden Winzerinnen und Winzern zu beschäftigen ist wie Reisen – im Kopf und dann und wann natürlich auch auf der Autobahn oder im Flugzeug. Pro Jahr legt die Familie ordentlich Kilometer zurück, schließlich will man Kunden und Partner in regelmäßigen Abständen sehen, mit ihnen an Weinkarten und Sortimenten tüfteln, Neues entdecken oder sich einfach nur austauschen. Das sei sowieso das Allerschönste an seinem Job, sagt er. Über die Jahre sind so aus Partnern Freunde geworden. Ein funktionierender Weinhandel ist vor allem Beziehungsarbeit. Im positivsten aller Sinne. Loyalität ist für Christian und das gesamte Team wichtig. Auch das ist für ihn eine Facette von Herkunft.

Das Sortiment ist über die Jahre langsam, aber stetig gewachsen. In den Grundzügen der Ausrichtung ist sich Döllerer aber immer treu geblieben.

Auch wenn das Sortiment heute beachtliche 5000 Positionen umfasst, wird man bei Döllerer niemals alles finden, denn dort beschäftigt man sich viel lieber mit Regionen. Signifikant und differenziert zugleich sind sie Abbild von Herkunft. „Die Palette einer Region, wie Burgund beispielsweise, umspannt unterschiedliche Stile und Preisklassen“, das sei wichtig, sagt Christian, „denn ein Haus wie unseres ist nicht dogmatisch.“

Die seit Jahrzehnten bestehenden und durchaus engen Beziehungen zu den Winzern ermöglichen es zudem, echte Raritäten anzubieten. Das schafft nicht jeder, denn die Winzer wollen schlicht und ergreifend wissen, wohin ihre besten Flaschen gehen und ob sie dort in guten Händen sind. Vertrauen, Wertschätzung und Kompetenz sind die Grundvoraussetzung dafür.

Wo ist Piemont und kann man Herkunft eigentlich schmecken?

Spricht man mit Christian über Herkunft im Wein, dann gerät er ins Schwärmen. „Wer Weine einer bestimmten Region verkostet, tritt in eine Art Dialog. Mit den Menschen, dem Essen, dem Lebensgefühl, der Kultur einer Gegend“, sagt er. Abseits von Punkten und Bewertungen, denn Herkunft, wie er sie versteht, ist immer auch höchst subjektiv. Beim Wein stehe sie für ihn in erster Linie für die Geschichte, den Ursprung und die Identität.

Klar bezieht sich das auf den Ort, an dem die Trauben wachsen, die klimatischen, geologischen, aber auch auf die kulturellen Bedingungen, die man vorfindet. Wein kann Geschichten erzählen. Selbst in ein und demselben Anbaugebiet bringt diese Tatsache enorme Unterschiede hervor. Für Christian geht es darum, gemeinsam mit Master Sommelier Alexander Koblinger Nuancen herauszuarbeiten, ein Sortiment zu entwickeln, das Herkunft in all ihren Facetten widerspiegelt. „Herkunft, das ist eben nicht nur ein Ort, sondern die Seele und die Persönlichkeit eines Weins“, sagt er.

Die Menschen, die in einer bestimmten Region leben und arbeiten, haben eine besondere Bindung zu ihren Weinen. „Sie teilen die Freude am Weinmachen, sind stolz und unterstützen einander gegenseitig“, sagt Christian. Wenn sich der Wein auf dem Tisch mit gutem Essen verbindet, dann kann man getrost von Kultur und kulinarischer Identität reden. Das sind sowieso die allerschönsten Momente. Dann geht es nicht um Fachbegriffe, sondern schlicht um Genuss und Lebensfreude.

Und was macht das Döllerer-Sortiment nun so einzigartig? Für Christian ist es die Symbiose aus gastronomischem Know-how und Weinkompetenz. „Was wir kommunizieren und verkaufen, haben wir intern
längst serviert und erprobt. Die kulinarische Kompetenz von Andreas Döllerer gepaart mit dem Knowhow unseres Weinhauses ist einfach unschlagbar und
schafft Glaubwürdigkeit bei unseren Kunden“, stellt Christian fest. Ganz egal ob Gastronom oder Privatkunden, sie alle proftieren von einem sorgfältig zusammengestellten Sortiment und maßgeschneiderten Lösungen. Harte Arbeit, aber auch genauso viel Leidenschaft. Das zeigt sich an Herzensprojekten, die Christian immer wieder vorantreibt. Mit Alexander Koblinger hat er die letzten Jahre beispielsweise an einem Weinarchiv gearbeitet. „Da geht es vor allem um Spezialgeschichten, um kleine Champagnerhäuser, Raritäten, Neues und Spannendes aus der Weinwelt. Zusammen mit Alex suchen wir danach und stimmen uns mit allen anderen im Team ab“, erzählt Christian. Denn bei aller Routine sind die Döllerers immer noch auf der Suche. Nach Herkunft und danach, diese als Gesamterlebnis zu schmecken. Für Christian bedeutet Herkunft Authentizität und Verantwortung für das, was einem anvertraut wurde, und schlussendlich diese Welt mit aller Leidenschaft ein Stück besser, bunter und damit schöner zu machen. Ganz egal ob in Salzburg, in Golling oder wo auch immer.

Christians persönlicher Buchtipp

Salzburg Porträt einer exotischen Stadt

Salzburg ist eine Stadt vieler Gewissheiten und erstaunlicher Entdeckungen. Man muss die barocken Wunder nur lang genug betrachten, neue Perspektiven suchen und jederzeit für ein wissendes Lächeln bereit sein. Dann offenbart sich diese Stadt mit Pracht, Prunk – und all ihren charmanten Schattenseiten. Andreas Gfrerer, als Hotelier der Blauen Gans ein Zentralgestirn Salzburgs, hat den Fotografen Ingo Pertramer und den Autor Christian Seiler gebeten, mit eigensinnigem Blick durch die vertraute Stadt zu gehen – und ihre Exotik einzufangen. Ein Stadtporträt wie kein anderes.